Lambarene
Die Geschichte des Spitals
Als Albert und Helene Schweitzer 1913 in Lambarene ankamen, waren die Gebäude für das Spital nicht wie versprochen gebaut. Neben dem Wohnhaus befand sich ein alter Hühnerstall, der zum Konsultations- und Operationsraum umgebaut wurde. Durch das Loch im Dach brannte die Sonne, so dass Schweitzer den Tropenhelm auch zum Operieren tragen musste.
Als Schweitzer 1924 wieder nach Lambarene kann, waren die Spitalgebäude zerfallen und mussten zuerst neu aufgebaut werden. Da der Platz auf der Missionsstation zu klein war, hat er sich entschieden, drei Kilometer flussaufwärts auf seinem eigenen Land ein neues Spital zu bauen.
Ende Januar 1927 erfolgte der Umzug und die Kranken und Frischoperierten hatten endlich eine anständige Unterkunft.
Zeit seines Lebens hat Schweitzer immer gebaut und sein Spital im Lauf der Jahre auf fast 600 Betten vergrössert.
Nach seinem Tode 1965 ging man an die Planung des neuen, heute noch bestehenden Spitals, das im Jahre 1981 eingeweiht werden konnte.
Lageplan

1. Spital
Andende 1913 –1917
Am 21. März 1913 verliess Albert Schweitzer zusammen mit seiner Frau Helene und vielen Gepäck Günsbach und erreichte via Paris sein Schiff in Bordeaux, wo sie am 26. März auf See gingen. Nach einer dreiwöchigen Fahrt, kamen sie am 16. April 1913 in Andende auf der Missionsstation der evangelischen Pariser Missionsgesellschaft an. Sie wurden von den Missionaren, besonders dem Elsässer Ehepaar Morel herzliche aufgenommen. Von der versprochenen Wellblechbaracke war noch nichts zu sehen. Die Missionare fanden keine Arbeiter, weil sich im Holzhandel leichter Geld verdienen liess.

2. Spital
Andende 1924–1927
Nach 1922 gab Albert Schweitzer seine Tätigkeit als Assistenzarzt und Vikar auf und zog mit der Familie zu seinem Vater nach Günsbach. Er konzentrierte sich vollständig auf seine Konzerte, Vorträge und schriftstellerischen Arbeiten, um das benötigte Geld zusammenzubringen.
1924 war alles bereit. Im Lager in der «Rue de Greniers» in Strassburg stapelten sich die mit «ASB» (Albert Schweitzer-Bresslau: diese Initialen verwendet das Spital bis heute als Abkürzung) beschrifteten Kisten und Koffer. Doch leider liess es der Gesundheitszustand von Helene Schweitzer nicht zu, dass sie mit ihrem Gemahl nach Lambarene mitfuhr. So engagierte er für sechs Monate den englisch-elsässischen Studenten Noël Gillespie.

3. Spital
Lambarene 1927 –1981
Nachdem das zweite Spital in Andende auf der Missionsstation wieder aufgebaut war, wollte Albert Schweitzer im Jahre 1925 zurück nach Europa um sich von den Strapazen zu erholen. Kurz vor seiner Abreise gab es im Gabun eine Hungersnot, die dazu führte, dass es zu einer Ruhrepidemie kam. Schweitzer bedrückte, dass er seine Patienten nicht räumlich trennen konnte und so in seinem Spital mit der Ruhr angesteckt wurden.
Auf dem Gelände der Mission konnte er sein Spital nicht vergrössern. Zudem gehörte der Boden nicht ihm und er war auf den guten Willen der Missionare, aber auch auf die Direktion in Paris angewiesen.

4. Spital
Lambarene 1981 bis heute
Vor seinem Tode bestimmte Albert Schweitzer seine Tochter Rhena und den Schweizer Arzt Walter Munz zu seinen Nachfolgern in der Spitalleitung. Diese führten, zusammen mit allen Mitarbeitern das Spital in seinem Geiste weiter. Verantwortlich für die Führung des Spitals war aber die «Association Internationale de l'œuvre du Dr. Albert Schweitzer de Lambaréné» (AISL) mit Sitz in Strassburg. In diesem Komitee waren Vertreter aus Frankreich, Deutschland, der Schweiz und den USA. Dieses Konstrukt war jedoch sehr schwerfällig, wenn rasche und wichtige Entscheide getätigt werden mussten.
1. Spital
Andende 1913–1917
Am 21. März 1913 verliess Albert Schweitzer zusammen mit seiner Frau Helene und vielen Gepäck Günsbach und erreichte via Paris sein Schiff in Bordeaux, wo sie am 26. März auf See gingen. Nach einer dreiwöchigen Fahrt, kamen sie am 16. April 1913 in Andende auf der Missionsstation der evangelischen Pariser Missionsgesellschaft an. Sie wurden von den Missionaren, besonders dem Elsässer Ehepaar Morel herzliche aufgenommen. Von der versprochenen Wellblechbaracke war noch nichts zu sehen. Die Missionare fanden keine Arbeiter, weil sich im Holzhandel leichter Geld verdienen liess.
Die Ankunft eines Arztes sprach sich rasch herum. Kaum angekommen, sollten die Schweitzers ihre Arbeit bereits aufnehmen. Mangels geeignetem Gebäude, richteten sie die Apotheke im eigenen Hause ein und als Sprechzimmer und Operationssaal diente ein alter Hühnerstall. Auch der versprochene Übersetzer und Heilgehilfe kam nicht. Albert Schweitzer konnte aber Joseph Azouani für sich gewinnen. Er sprach einigermassen gut französisch und arbeitete sich rasch ein. Da Joseph früher als Koch gearbeitet hatte, stammten seine anatomischen Ausdrücke aus dieser Sprache: «Sie hat Schmerzen im rechten Kotelette...».Für die Unterbringung seiner Kranken benötigte Schweitzer dringend Raum. Es war ihm wichtig, dass die Patienten von der Missionsschule getrennt waren. Schon von Anfang an bediente er sich der Genesenden und der Begleiter der Kranken um sein Spital zwischen dem Ufer des Ogowe und dem Hügel der Missionsstation zu bauen. Die Hütten wurden aus Bambus gebaut und mit Blätterziegeln, das sind verflochtenen Palmenblätter, gedeckt. Aus demselben Material wurden die Seitenwände gefertigt. Gegen Ende des Jahres wurde dann auch die Wellblechbaracke fertiggestellt.
Von allen Seiten kamen die Kranken und die Schweitzers und ihre Gehilfen hatten von morgens bis abends alle Hände voll zu tun. Alle ankommenden Leute wurden behandelt. Auch solche, die von den Medizinmännern bereits aufgegeben wurden. Gleich zu Anfang hatte der neue Doktor das Glück, dass er ein paar solcher Patienten doch noch retten konnte. Diese kehrten nach Hause als lebende Reklame des Wunders und es kamen immer neue Patienten.
Nach Ausbruch des ersten Weltkriegs wurden Albert und Helene Schweitzer als Deutsche in einer französischen Kolonie verhaftet. Sie durften ihre Arbeit nicht weiterführen und wurden unter Bewachung gestellt. Die Eingeborenen aber auch die Weissen reklamierten und so erhielten sie eine eingeschränkte Erlaubnis das Spital weiterzuführen. Der Weltkrieg hatte aber auch zur folge, dass Schweitzers von der finanziellen Unterstützung ihrer Freunde im Elsass abgeschnitten waren. Um zu Leben und Material kaufen zu können, waren sie auf Kredite der Pariser Missionsgesellschaft angewiesen. Der Mangel an Material und Medikamenten führte auch dazu, dass Schweitzer die Tätigkeiten einschränken musste. Dafür fand er aber mehr Zeit, sich seinen philosophischen Studien zu widmen und er begann am Manuskript von «Zerfall und Wiederaufbau der Kultur zu arbeiten».
Eigentlich planten die Schweitzer, Ende 1914 für einen Erholungsurlaub nach Europa zurückzukommen um sich vom feuchten und heissen Klima zu erholen. Dies war nun leider nicht mehr möglich. Es wurde ihnen aber erlaubt, bei Freunden in Port Gentil am Atlantik Ferien zu verbringen.
Als 1915 die Schweitzers in Port Gentil zur Erholung weilten, wurde er zu einer kranken Missionarsfrau gerufen. Auf der dreitätigen Flussfahrt meditierte er über seine philosophischen Studien und plötzlich, beim Anblick einer Herde Flusspferden vor drei Inseln fand er den prägenden Satz seiner neuen Philosophie der «Ehrfurcht vor dem Leben».
1917 wurde das Ehepaar Schweitzer zurück nach Bordeaux in die Internierung gebracht. Nach vierzehn Tagen wurden sie nach Garaison in den Pyrenäen und anschliessend nach St. Rémy en Provence verlegt. Endlich, gegen Ende 1918 wurden sie via der Schweiz nach dem immer noch deutschen Strassburg abgeschoben. Um sein Leben zu finanzieren und die aufgelaufenen Schulden zurückzubezahlen, nahm Schweitzer eine Arbeit als Assistenzarzt im Spital an. Gleichzeitig wurde er wieder Vikar in der Kirche St, Nicolai. Die Aufregung und die Sorge um seine Frau und sein Spital führten dazu, dass er sich zwei Mal operieren lassen musste. An seinem 49. Geburtstag gebar ihm Helene die Tochter Rhena.
Erfreut musst er feststellen, dass er als Organist nicht vergessen war und er begann neben all der Arbeit wieder Konzerte zu geben. An Weihnachten 1919 erhielt er von Erzbischof Nathan Söderblom von Schweden eine Einladung, seine neue Ethik der «Ehrfurcht vor dem Leben» an der Universität Uppsala vorzutragen. Söderblom forderte Schweitzer auf, in Schweden Vorträge und Orgelkonzerte über seine Ethik, aber auch über sein Spital in Lambarene zu geben, um sich neue Mittel für die Rückzahlung der Schulden, aber auch um neue Finanzen für eine weitere Ausfahrt nach Lambarene zu verschaffen. Auf Veranlassung der Baronin Greta Lagerfelt schrieb er innert kürzester Zeit sein berühmtes Buch «Zwischen Wasser und Urwald». Es fand grosse Verbreitung und viele neue Geldquellen eröffneten sich seinem Werke.
Das Elend unter der schwarzen Bevölkerung war derart gross, dass es für Albert Schweitzer und seine Frau schon bei der Rückkehr klar war, dass sie wieder nach Lambarene gehen würden.

2. Spital
Andende 1924–1927
Nach 1922 gab Albert Schweitzer seine Tätigkeit als Assistenzarzt und Vikar auf und zog mit der Familie zu seinem Vater nach Günsbach. Er konzentrierte sich vollständig auf seine Konzerte, Vorträge und schriftstellerischen Arbeiten, um das benötigte Geld zusammenzubringen.
1924 war alles bereit. Im Lager in der «Rue de Greniers» in Strassburg stapelten sich die mit «ASB» (Albert Schweitzer-Bresslau: diese Initialen verwendet das Spital bis heute als Abkürzung) beschrifteten Kisten und Koffer. Doch leider liess es der Gesundheitszustand von Helene Schweitzer nicht zu, dass sie mit ihrem Gemahl nach Lambarene mitfuhr. So engagierte er für sechs Monate den englisch-elsässischen Studenten Noël Gillespie.
Unterwegs besuchte Schweitzer noch Missionsstationen in Kamerun um weitere oder andere Standorte für sein Spital zu finden. Am 19. April 1924 kam er wieder in Andende auf der Missionsstation an. Von seinem Spital fand er nur noch Ruinen vor. Die Gebäude aus Bambus waren nach sieben Jahren zusammengefallen. Doch das zurückgelassene Material war noch vorhanden und dank der guten, sorgfältigen Verpackung in einwandfreiem Zustand.
Bereits am nächsten Tag begann er mit Gillespie den Wiederaufbau. Als sein Heilgehilfe Joseph hörte, dass Schweitzer wieder im Spital sei, kam er sofort zurück und nahm seine gewohnte Arbeit auf, wie wenn er sie niemals unterbrochen hätte.
Nun kam auch die Elsässer Krankenschwester und Hebamme, Mathilde Kottmann, die er einige Wochen vor seiner Abreise engagiert hatte. Diese brachte Ordnung in das Leben der beiden «Junggesellen», so dass man sich in all dem Material und Medikamenten zurechtfand.
Als erster Arzt kam im Oktober als Ablösung von Gillespie der junge Elsässer Victor Nessmann im Spital an. Seine Briefe, die der junge Arzt an seine Eltern schrieb sind eine wahre Fundgrube an Informationen über den Beginn und Wiederaufbau des zweiten und sogar des dritten Spitals in Lambarene.
Unter grossen Mühen baute Schweitzer mit seinen Helfern und den Patienten und Begleitern an derselben Stelle das Spital wieder auf. Ein grosses Problem dabei bildete der knappe Platz zwischen dem Ogowe und dem Hügel, als auch der Umstand, dass er neben den Patienten auch deren Begleiter ernähren musste. Um seine Ausgaben zu reduzieren, beschloss er selber eine Pflanzung anzulegen und Schweitzer suchte nach einem geeigneten Platz. Diesen fand er, ungefähr drei Kilometer von der Missionsstation gegenüber der Stadt Lambarene.
Im Auftrag von Schweitzer unternahm Victor Nessmann Reisen in die umliegenden Holzfällerlager, um Verletzte zu pflegen und die Arbeiter zu impfen. Schweitzer hatte die Idee, später in weiter entfernt gelegenen Dörfern Sanitätsstellen (Dispensaires) aufzubauen, damit nur die Schwerkranken die weite Reise nach seinem Spital unternehmen müssten.

3. Spital
Lambarene 1927 –1981
Nachdem das zweite Spital in Andende auf der Missionsstation wieder aufgebaut war, wollte Albert Schweitzer im Jahre 1925 zurück nach Europa um sich von den Strapazen zu erholen. Kurz vor seiner Abreise gab es im Gabun eine Hungersnot, die dazu führte, dass es zu einer Ruhrepidemie kam. Schweitzer bedrückte, dass er seine Patienten nicht räumlich trennen konnte und so in seinem Spital mit der Ruhr angesteckt wurden.
Auf dem Gelände der Mission konnte er sein Spital nicht vergrössern. Zudem gehörte der Boden nicht ihm und er war auf den guten Willen der Missionare, aber auch auf die Direktion in Paris angewiesen.
So entschloss er sich schweren Herzens, seine Rückkehr zu verschieben und mit dem Bau eines weiteren Spitals zu beginnen.
Schweitzer, durch seine Erfahrungen und viele Empfehlungen geprägt, entwarf ein Spital nach seinen Ideen. Endlich hatte er genügend Platz um die Gebäude so auszurichten, wie es ein optimaler Behandlungsablauf verlangte.

Die Gebäude wurden streng von Ost nach West ausgerichtet und hatten ein grosses Vordach, dass die Sonne des Äquators die Längsseite nicht erwärmte. Das Dach war auf beiden Querseiten offen, so dass durch den Wind eine natürliche Belüftung entstand. Die Zimmer und Säle waren gegen oben offen und nur mit einem Moskitonetz versehen. Der Wind im Dach zog die erwärmte Luft nach oben und trotz der tropischen Hitze war es in den Zimmern kühler. Die Gebäude wurden auf Holzpfähle gestellt, damit der tropische Regen unter den Böden durchfliessen konnte. Damit die Pfähle nicht zu rasch faulten, wurden sie über einem grossen Feuer in einer Grube angekohlt.
Endlich! Anfangs 1927 war es soweit. Das ganze Spital wurde am 27. Januar von Andende nach Lambarene gezügelt. Neben der «Grande Pharmacie» mit dem Operationssaal gab es für die wichtigsten ethnischen Gruppen, der Goala und der Fang ein eigenes Gebäude. Vis-à-vis des Operationssaales befand sich die Case Bouka für die Frischoperierten. Dazu kam das Gebäude des Doktors und seiner Mitarbeiter, der Küche und des Speisesaals. Als letztes wurde das Tropenklavier des Doktors in einem riesigen Einbaum gezügelt.
«Den ersten Abend im Spital werde ich niemals vergessen. Von allen Feuern und aus allen Moskitonetzen schallte mir entgegen: "Das ist eine gute Hütte, Doktor, eine gute Hütte!"»
«Zum ersten Male, seitdem ich in Afrika wirke, sind meine Kranken menschenwürdig untergebracht. Voll Dank schaue ich zu Gott empor, der mich solche Freude erleben liess. Tiefbewegt gedenke ich der Freunde des Spitals in Europa. Im Vertrauen auf ihre Hilfe durfte ich die Verlegung des Spitals wagen und die Bambushütten durch Wellblechbaracken ersetzen.»
Im Laufe des Sommers entstanden dann noch mehr Baracken, so dass bei der Rückkehr Schweitzers nach Europa am 21. Juli 1927 über 200 Kranke und ihre Begleiter aufgenommen werden konnten.
Auch wenn der Ogowe viel Wasser führt, ein Problem war und ist sauberes Trinkwasser. Daher konstruierte Schweitzer eine ausgeklügelte Wasserfassung. Von allen Gebäuden wurde das Regenwasser gesammelt und in eine grosse Zisterne geleitet. Dennoch wurde im Spital immer nur abgekochtes Wasser verwendet. Dazu diente ein kleiner Ofen, der vor dem Eingang der «Grande Pharmacie» aufgebaut war.
Die Zahl der Patienten wuchs ständig und Schweitzer sah sich gezwungen, immer neue Unterkünfte und Hilfsgebäude zu bauen. Auch immer mehr Aerzte und Krankenschwestern kamen zu seiner Hilfe. Um ihnen eine gesunde Ernährung zu gewähren, wurde am Ufer des Ogowe unterhalb des Doktorhauses ein grosser Garten angelegt, in dem intensiv Salat, Tomaten und anderes Gemüse gezogen wurde. Auf dem Gelände des Spitals gab es neben Ölpalmen auch Orangen-, Grapefruit- und Mangobäume. Weiter wuchsen Ananas, Papayas und viele andere tropische Früchte.
Zu Beginn des Jahres 1939 kehrte Schweitzer nach Europa zurück. Die beunruhigende Lage und die schlechten Nachrichten bewogen ihn, nach zehn Tagen mit dem selben Schiff wieder nach Lambarene zurückzukehren. Er erledigte nur seine wichtigsten Bestellungen und legte sich für den kommenden Krieg einen Notvorrat an allem Wichtigen an. Er wollte das Spital in dieser schweren Zeit nicht alleine lassen. Im Kriege gab es auch in Lambarene Kämpfe zwischen den freien Franzosen und der Vichytreuen Truppen. Schweitzer hielt sich aus den ideologischen Streitereien heraus und pflegte die Kranken und Verwundeten beider Seiten. Frau Schweitzer wollte ihren Mann in dieser schweren Zeit nicht alleine lassen. Sie lebte damals mit ihrer Tochter in der Schweiz. Auf abenteuerlichen Wegen gelang es Helene Schweitzer über Portugal und Angola nach Lambarene zu reisen. Albert Schweitzer wurde fast vom Schlage getroffen, als er das Telegramm erhielt: «Frau Schweitzer mit 36 Kisten und Koffern eingetroffen!»
Erneut war Schweitzer von seinem Nachschub in Europa abgeschnitten. Nur spärlich kamen Material und Nachrichten nach Lambarene. Doch dank der Hilfe von England, vor allem aber Amerika konnte er sein Werk weiterführen.
Schon von Anfang an gab es ein wenig abseits des Spitals ein Dorf für die Leprakranken. Diese Unterbringung in einfachen Bambushütten passte Schweitzer jedoch nicht. Doch erst nach Ende des Weltkrieges konnte er mit Hilfe der Amerikaner mit dem Bau eines richtigen Lepradorfes, dem «Village lumière», dem «Dorfe des Lichts» beginnen. Mit dem Geld des Friedensnobelpreises konnte er sich Wellblech zum Decken der Gebäude kaufen.



Als Albert Schweitzer sich 1957 und 1958 gegen die Atombombe und Atomversuche engagierte, wurde er von allen Seiten angegriffen. Vor allem aus Deutschland und der Schweiz wurden ihm heftige Vorwürfe gemacht. Auf wissenschaftlichem Gebiete konnte man ihn nicht angreifen, da seine Aussagen fundiert und belegbar waren. So wurden die Angriffe auf die menschliche Seite verlegt. Er wurde als Rassist und Ausbeuter angeklagt, sein Spital sei rückständig und er betreibe Drittklassemedizin. Diese Vorwürfe liessen ihn aber kalt und er konzentrierte sich weiter auf seinen Kampf, der zu seiner grossen Freude am 10. Oktober 1963 zum Verbot aller Kernwaffenversuche führte.
Am 4. September 1965 verstarb Albert Schweitzer in seinem Spital.
4. Spital
Lambarene 1981 bis heute
Vor seinem Tode bestimmte Albert Schweitzer seine Tochter Rhena und den Schweizer Arzt Walter Munz zu seinen Nachfolgern in der Spitalleitung. Diese führten, zusammen mit allen Mitarbeitern das Spital in seinem Geiste weiter. Verantwortlich für die Führung des Spitals war aber die «Association Internationale de l'œuvre du Dr. Albert Schweitzer de Lambaréné» (AISL) mit Sitz in Strassburg. In diesem Komitee waren Vertreter aus Frankreich, Deutschland, der Schweiz und den USA. Dieses Konstrukt war jedoch sehr schwerfällig, wenn rasche und wichtige Entscheide getätigt werden mussten.
In den siebziger Jahren kam es denn auch zu einer Krise. Das Spital hatte grosse Schulden, die Spendengelder flossen nicht mehr wie dies früher der Fall war. Seit der Gabun unabhängig war, musste man auch die Arbeit der Begleiter bezahlen, was weitere Geldmittel erforderte. In dieser schier unmöglichen Situation beschloss man, dass Spital vom übrigen Werke Schweitzers zu trennen. Unter dem initiativen Direktor des Spitals, Max Caulet, wurde die «Fondation Internationale de l'hôpital du Dr. Albert Schweitzer de Lambaréné» gegründet (FISL). Die AISL übertrug ihre Verantwortung an diese neue Stiftung, die nach gabunesischem Recht im Gabun mit gegründet wurde. Seither beteiligt sich der Staat auch mit Subventionen an den Kosten des Spitals.
Schon kurz nach dem Tode Schweitzers wurde über einen Neubau des Spitals diskutiert. 1966 konnte die an das Spital angrenzende Konzession von Herr Foing gekauft werden. Diese erlaubte es, oberhalb des Spitals mit der Planung eines neuen Spitaldorfes zu beginnen. Immer neue Pläne wurden gemacht. Was ist nötig? Was nur wünschenswert? Wie soll es finanziert werden? Max Caulet waren diese Fragen zu akademisch. Er entschied sich selber auf die Suche nach Geldgeber zu gehen und eines Tages lud er zu einer Grundsteinlegung ein. In der Ansprache zur Eröffnung sagte Walter Munz: «Zusammen mit vielen Mitarbeitern, deren starke Lokomotive er wurde, hat er mit Geduld und Nachdruck an unzählige Türen möglicher Spender angeklopft, und mit seiner tätigen Begeisterung erreichte er schliesslich sowohl die Finanzierung als auch den Aufbau des neuen Spitals.»
Am 17. Januar 1981, 68 Jahre nach der Ankunft von Albert Schweitzer wurde das neue Spital feierlich eingeweiht.
Auch hier geht der Ausbau weiter. Ein Spital muss sich weiterentwickeln und den neuen Bedürfnissen anpassen. Dass dies geschehen kann, sind in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Amerika auch heute noch Hilfsvereine tätig, die Geld zur Unterstützung des Spitals sammeln und so der Bevölkerung im Gebiet des Mittel-Ogowe zur Verfügung stehen.
Das Spital umfasst heute die Spitalzone (Spital, Pflegedienst, Administration und technischem Dienst), der Wohnzone der afrikanischen und ausländischen Angestellten (Expatriés genannt), der historischen Zone (das alte Spital mit dem Doktorhaus, dem Speisesaal, Operationssaal und Unterkünften der Kranken) und das Lepradorf.
Die besonderen Werte des Spitals, die von der Bevölkerung des ganzen Landes geschätzt werden sind die gute Pflege, die europäische Medizin und das, was dank unabhängiger Versorgung, praktisch immer vorhanden ist: Medikamente, Labortests, Operationsmaterial. Dies alles hat zur Folge, dass die Konsultationen praktisch immer überlaufen sind. Obwohl die Konsultationen nicht gratis sind, sind sie viel billiger als in den Privatspitälern von Libreville. Seitdem die Strasse Libreville – Lambarene 1996 asphaltiert wurde, hat der Krankentourismus zugenommen. Man stellt immer häufiger Patienten fest, die sich eine Reise von der Hauptstadt nach Lambarene zu einer Behandlung erlauben.
Autor: Christoph Wyss